Gemeinde- und Städtebund Thüringen 05.11.2013

Thüringischer Landkreistag

Appell

der Thüringer Kommunen

an die Landesregierung

zum KFA 2014

1.

Die kreisangehörigen Gemeinden und Städte, Landkreise und kreisfreie Städte fordern die Landesregierung auf, den dramatischen Sinkflug der kommunalen Finanzen zu stoppen und dafür beim KFA 2014 deutlich nachzubessern. Das Ausblenden der aktuellen Finanznöte der Kommunen durch das Land ist nicht mehr hinnehmbar. Die Kommunen sind die Basis unserer Demokratie, die von unten nach oben gelebt wird. Dafür muss das Land den Kommunen auch eine auskömmliche Finanzausstattung zur Verfügung stellen. Der Griff in die

kommunalen Kassen beeinträchtigt die geschaffenen Strukturen vor Ort und geht damit letztlich zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger. Eine vom Land verordnete Hungerkur für die Kommunen wird kategorisch abgelehnt, da am Ende der Tod steht!

Das Land muss beim KFA 2014 nachbessern!

2.

Land und Kommunen sitzen bei den Finanzen derzeit nicht mehr in einem Boot. Die vom Land zugesagte Partnerschaft bei den Finanzen ist ein Muster ohne Wert. Stattdessen versucht das Land, seinen Haushalt auf Kosten der Kommunen zu konsolidieren. Das Land muss selbst seine schwierige Finanzsituation durch Personalabbau und Straffung seiner Strukturen in den Griff bekommen. Denn die Kommunen haben für ihre Bürger eine Vielzahl von Aufgaben (wie Kita, Schule, ÖPNV, Jugendhilfe, Betreuung der Langzeitarbeitslosen, Hilfen für älter werdende und behinderte Menschen, Straßen) zu erfüllen, bekommen aber dafür vor allem seit dem KFA 2012 nicht mehr ausreichend Geld vom Land.

3.

Für die Kommunen ist nicht zu akzeptieren, dass das Land zum 30.06.2013 mit einem finanziellen Überschuss von rund 420 Mio. € aufwarten kann, während vielen Kommunen eine finanzielle Bruchlandung bevorsteht. Bereits 2012 hatte das Land rund 150 Mio. € aus dem KFA genommen und die Finanzausgleichsmasse für 2013 noch einmal um 123 Mio. € reduziert. Trotz Garantiefonds steht den Kommunen in diesem Jahr deutlich weniger Geld zur Verfügung. Eine solche Finanzpolitik des Landes gegenüber den Kommunen muss für den KFA 2014 revidiert werden. Schon nach dem Partnerschaftsgrundsatz des KFA müssen die Kommunen mit rund 36,5 % an dem Landes-überschuss beteiligt werden. Die Partnerschaft muss ernst genommen und daher auch die Finanzausgleichsmasse aufgestockt werden! Wir fordern nach dem Partnerschaftsgrundsatz 150 Mio. €vom Überschuss des Landes.

4.

Für den KFA 2014 soll die regelgebundene Finanzausstattung über die Finanzausgleichsmasse auf dem Niveau von 2013 mit 1.838 Mio. € stagnieren. Der Garantiefonds soll jedoch um 18 Mio. € abgeschmolzen werden. Zusätzlich sollen die Leistungen des Landes außerhalb dieser Finanzausgleichsmasse (z.B. Zuweisungen für kommunalen Straßenbau, kommunale Infrastrukturmaßnahmen, städtebaulichen Denkmalschutz u. a.) um weitere 77 Mio. € auf 2.584 Mio. € (einschließlich Garantiefonds) reduziert werden. Im Vergleich dazu lagen 2011 alle Leistungen des Landes an die Kommunen noch bei 2.833 Mio. €. Ein Abwarten bis zur nächsten Revision des KFA im Jahr 2016 führt die Kommunen aufgrund ihrer dramatischen Finanznöte in den finanziellen Abgrund.

5.

Das Hauptproblem des KFA 2014 ist jedoch, dass der tatsächliche Finanzbedarf nicht korrekt ermittelt wird und steigende Ausgaben der Kommunen nicht berücksichtigt werden. Dieser systematische Fehler in der Fortschreibung des KFA für 2014 muss finanziell durch das Land korrigiert werden, da einerseits die gemeindlichen Steuermehreinnahmen dies bei weitem nicht kompensieren können. Andererseits kommen die gemeindlichen Steuermehreinnahmen vor Ort höchst unterschiedlich an. Zudem bringt das Land noch fiktive Steuereinnahmen der Gemeinden in Höhe von 33 Mio. € in Ansatz, die dem tatsächlichen Finanzbedarf der Kommunen beim KFA wieder abgezogen werden. Die Landkreise haben keine eigenen Steuereinnahmen und sehen zum Ausgleich fehlender Einnahmenkeine Alternativen, die immer geringer werdenden Landeszuweisungen aus dem KFA über Erhöhungen der Kreisumlagen auszugleichen.

6.

Ein Blick auf die Schlüsselzuweisungen an die Kommunen pro Einwohner zeigt, wie massiv das Land bereits in den KFA gegriffen hat. Gab es 2009 für die Landkreise noch 176 €/ Einwohner waren es 2013 (ohne Verschlüsselung) nur noch 108 €/Einwohner. Bei den Gemeinden waren es 2009 398 €/ Einwohner und 2013 nur noch 247 €/Einwohner. Die vom Finanzministerium eingeführte Verschlüsselung wichtiger Aufgabenbereiche (HartzIV, SoBez, Sozialhilfelastenausgleich und Familienleistungsausgleich) hat diesen Rückgang absichtlich kaschiert. Das finanzielle Loch in den kommunalen Taschen ist dadurch nur noch größer geworden. Diese Verschlüsselung

ist letztlich zu Lasten der Transparenz gegangen!

7.

Zur Verdeutlichung der fehlenden Berücksichtigung gestiegener Ausgaben der Kommunen im KFA 2014 die folgenden Beispiele:

Die Personalkosten steigen beim Land von 2013 auf 2014 um 84 Mio. € auf 2.516 Mio. € aufgrund tariflicher Anpassungen und Besoldungserhöhungen. Von 2012 auf 2013 gab es bereits eine Steigerung von 73 Mio. €. Dagegen wurden die Steigerungen der Personalausgaben bei den Kommunen bis 2013 nur zum Teil im KFA berücksichtigt. Nach einer Pressemitteilung des Thüringer Landesamts für Statistik vom 14.03.2013 stiegen sie 2012 um 45,2 Mio. € auf insgesamt 1.400 Mio. € (2010 waren es noch 1.283 Mio. €!). Nach einer weiteren Pressemitteilung vom 05.09.2013 stiegen die Personalausgaben der Kommunen aufgrund tariflicher Anpassungen im ersten Halbjahr 2013 um weitere 35 Mio. €. 2014 werden sie noch einmal um rund 40 Mio. € ansteigen. Diese Ausgabensteigerungen für Personal sind im KFA 2014 nicht enthalten. Die Personalkostenentwicklung bei den Kommunen muss ebenso wiebeimLandauchimKFAzu100 % Berücksichtigung finden. Der Partnerschaftsgrundsatz des KFA läuft daher beim Personal auf der Ausgabenseite vollkommen ins Leere. Die Kommunen sind die Verlierer! Der neue kommunale Finanzausgleich hat hier die entscheidende Schwachstelle, die genau jene willkürliche Ausgestaltung durch das Land zulässt, die eigentlich mit dem neuen System abgeschafft werden sollte!

8.

Gleiches gilt für den sozialen Leistungsbereich: Auch die Ausgaben für soziale Leistungen erhöhten sich bei den Kommunen von 2011 auf 2012 um 46,5 Mio. € auf 1.200 Mio. €. Nach der Halbjahresbilanz 2013 des Landesamtes für Statistik sind bei den Kommunen bereits Mehrausgaben von 33 Mio. € für soziale Leistungen festzustellen. Auch 2014 sind weitere Ausgabensteigerungen mit der gleichen Dynamik zu erwarten; Tendenz steigend.

Festzustellen ist, dass diese Kostensteigerungen von den Kommunen kaum zu beeinflussen sind, weil sie durch bundes- oder landesgesetzliche Vorgaben bestimmt werden.

9.

Als Ergebnis der Finanzpolitik des Landes beim KFA hat die Finanznot der Kommunen dramatische Ausmaße erreicht.

- So sind 122 Gemeinden noch ohne Haushalt für 2013.

- 454 Gemeinden müssen auf ihre Rücklagen zurückgreifen, um den Haushalt ausgleichen zu können.

- 200 Gemeinden haben bereits alle Rücklagen aufgebraucht für laufende Ausgaben.

- 326 Gemeinden haben nicht mehr das Geld für Tilgungsleistungen.

- Aber auch die Landkreise haben keine Alternativen gesehen, die Kreisumlage von 2011 auf 2013 durchschnittlich um rund 5 % zu erhöhen! Mittlerweile gibt es sogar Landkreise, die gegen die Gemeinden in die Zwangsvollstreckung gehen, weil die Finanzzuweisungen des Landes nicht mehr ausreichen. Weitere Erhöhungen der Kreisumlagen werden folgen. Das „Glattziehen“ der Kreishaushalte, um dem Land mehr Luft bei seinen Finanzen zu geben, ist nicht mehr länger darstellbar.

10.

Zur Eindämmung dieser dramatischen Entwicklungen haben die Kommunen gegenüber dem Land immer wieder Vorschläge gemacht, wie kommunal belastende Standards abgebaut werden können, um so die kommunalen Haushalte zu entlasten.

- UN‐Behindertenrechtskonvention

- Krankenhausfinanzierung

- Kindertagesbetreuung

- Thüringer Katastrophenschutzverordnung

- Kostenerstattung Sozialhilfe

- Thüringer Vergabegesetz

So ist das Land verantwortlich für die Krankenhausfinanzierung und trotzdem sind die Landkreise und kreisfreien Städte nach dem Thüringischen Landesrecht verpflichtet, in diesem Jahr rund 22,5 Mio. € in die Krankenhausfinanzierung zu geben. Das Land stellt im gleichen Zeitraum an Eigenmitteln nur noch rund 1,5 Mio. € an die Krankenhäuser zu Verfügung. Wenn es aber das Land ernst meint mit dem Partnerschaftsgrundsatz, dann muss es den kommunalen Anteil an der Krankenhausfinanzierung auf das Niveau seines Anteils absenken. Für die kreisfreien Städte und Landkreise würde dies eine finanzielle Entlastung von rund 20 Mio. € bedeuten. Die Landkreise könnten mit einer solchen Entlastung an erster Stelle dem weiteren Anstieg der Kreisumlage begegnen!